19. Mai 2021

Informationen zu verschiedenen Formen des Schwangerschaftsabbruchs



Gesetzliche Voraussetzungen für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch

Für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch (bis zur 12. Woche) in Deutschland benötigst du entweder:

  • eine schriftliche Bescheinigung über eine Beratung bei einer nach Paragraf 219 StGB bzw Paragraf 7 SchKG anerkannten staatlichen Beratungsstelle oder 
  • eine schriftliche ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer medizinischen oder kriminologischen Indikation nach Paragraph 218 StGB

Beistand/Vorfeld

Niemand sollte mit der Situation einer (ungewollten) Schwangerschaft alleine sein. Freund*innen, Familie oder Partner*in können ein unterstützende und respektvolle Gesprächspartner*innen sein. 

Eine vertrauliche aber unabhängige Beratung kannst du auch in einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle in deinem Ort suchen. Diese findest du entweder mit einer einfachen Internetsuche oder durch das anonyme Hilfetelefon: „Schwangere in Not“: 0800 40 40 020. 

My Body, My Choice – Eine Schwangerschaft oder ein Abbruch ist die Entscheidung der austragenden Person. 

Eine Beratung kann sowohl zum Abbruch als auch zum Austragen bestärken. Diese Entscheidung sollte aber von niemand anderen als der betroffenen Person getroffen werden. 

Schwangerschaftsabbruch-Methoden 

Es gibt drei Methoden des Schwangerschaftsabbruchs: medikamentös, chirurgisch mit örtlicher Betäubung sowie chirurgisch mit Vollnarkose. In der Regel übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten der Behandlung nur, wenn sie nach einer Vergewaltigung erfolgt oder aus medizinischer Sicht unabdingbar ist. 

Der Verlauf ist in der Regel folgendermaßen: Du triffst in einer behandelnden Arztpraxis ein, deine Unterlagen werden auf Vollständigkeit überprüft. Danach findet ein Aufnahmegespräch mit der Arzthelfer*in oder Krankenpfleger*in statt. Diese Kolleg*in bleibt dann in der Regel die Bezugsperson während des gesamten weiteren Aufenthalts. Im Anschluss findet das Gespräch mit der Ärzt*in statt. Vor dem Schwangerschaftsabbruch führt die Ärzt*in eine Tastuntersuchung zur Bestimmung der Lage und der Größe der Gebärmutter durch. Ebenso wird eine Ultraschalluntersuchung gemacht um das Schwangerschaftsalter zu bestimmen.

Der weitere Verlauf unterscheidet sich beim medikamentösen und chirurgischen Abbruch. 

Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch 

Ein medikamentöser Abbruch ist in Deutschland nur bis zum 63. Tag nach der letzten Regel möglich (entspricht dem 49. Tag nach der Empfängnis). Das benutzte Medikament ist ein künstliches Hormon (Mifepriston), das die Wirkung des Hormons Progesteron, welches entscheidend an der Entwicklung und Erhaltung der Schwangerschaft beteiligt ist, blockiert.
Für die medikamentöse Methode sind in der Regel drei Termine in einer Praxis erforderlich.

Beim ersten Besuch erfolgt die Untersuchung mit Ultraschall. Sollte die Fruchtblase noch nicht im Ultraschall zu sehen sein, ist eine Bestimmung des Schwangerschaftshormons -HCG im Blut erforderlich.
Anschließend werden drei Tabletten des Medikamentes unter ärztlicher Aufsicht eingenommen. Oft kommt es bereits am folgenden Tag zur Blutung.
In drei Prozent der Fälle wird das Schwangerschaftsgewebe ohne weitere Behandlung in den nächsten beiden Tagen ausgestoßen. Auch in diesem Fall ist ein zweiter Besuch zur Kontrolle erforderlich. Viele Patient*innen spüren jedoch keine körperliche Veränderung.

Beim zweiten Besuch in der Praxis muss mit drei bis vier Stunden Aufenthalt gerechnet werden. Patient*innen bekommen mehrere Tabletten des Medikaments Prostaglandin, welches die Ausstoßung des Schwangerschaftsgewebes fördert. Bei vielen Patient*innen kommt es zu Kontraktionen der Gebärmutter und Blutungen setzen ein. Sollte es nach zwei bis drei Stunden nicht zu einer Blutung gekommen sein, wird die Gabe des Medikaments wiederholt und eine Stunde später kann die Praxis in aller Regel verlassen werden.

Bei vielen Patient*innen kommt es während des Aufenthaltes in der Praxis zum Ausstoßen der Fruchtblase, aber bei jeder vierten Frau setzen die Blutungen sogar erst nach 24 Stunden ein. Sollte also nicht innerhalb der drei bis vier Stunden die Fruchtblase ausgestoßen sein, so ist das kein Grund zur Beunruhigung. Innerhalb der nächsten 7-10 Tagen werden leichte Blutungen und eventuell leichte Krämpfe auftreten.

Der letzte Termin ein bis zwei Wochen später dient zur Kontrolle, ob der Schwangerschaftsabbruch erfolgreich war.

Nebenwirkungen und Komplikationen

Meistens verläuft die Methode ohne Komplikationen. Mögliche Nebenwirkungen sind jedoch Unterleibsschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Blutungen können stärker sein als beim chirurgischen Abbruch oder bei deiner Periode und länger anhalten. In ca. 1-4% versagt die Methode. Bei einer weiter bestehenden Schwangerschaft ist eine chirurgische Beendigung des Abbruchs notwendig.

Gründe gegen die medikamentöse Methode

  • Konkreter Verdacht auf eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (z.B. im Eileiter)
  • Unverträglichkeit von Prostaglandinen
  • Allergie gegenüber Mifepriston
  • Chronische Nebenniereninsuffizienz
  • Schweres Asthma (Einnahme von Cortisontabletten.)
  • Leber- und Nierenversagen
  • Eine evtl. liegende Spirale muss entfernt werden.

Chirurgischer Schwangerschaftsabbruch

In der Regel erhalten Patient*innen ca. eine Stunde vor Beginn des Eingriffs Medikamente, die die Gebärmutter vorbereiten (Priming). Dadurch wird das Risiko, die Gebärmutter beim Eingriff zu verletzen, verringert. Der chirurgische Schwangerschaftsabbruch kann entweder unter lokaler Betäubung oder mit Vollnarkose durchgeführt werden. Bei einer örtlichen Betäubung wird das Betäubungsmittel in den Muttermund gegeben. Dies wird von vielen Patient*innen gar nicht bemerkt, obwohl die Angst davor oft groß ist. Die Nerven am Muttermund reagieren zwar auf Druck sehr empfindlich, aber nicht auf Berührung.

Die Vollnarkose wird durch eine Narkoseärzt*in durchgeführt. Die Narkosemittel werden über eine in die Armvene gelegte Nadel gegeben. Kurz darauf wird die Patient*in müde und schläft ein, sodass sie sich später nicht mehr an den Eingriff erinnern kann. Oft erinnern die Patient*innen sich nicht einmal, dass Sie nach ca. 15 Minuten, wenn der Eingriff beendet ist, selbständig in den Ruheraum gelaufen sind.

Zur Vorbereitung des Absaugens wird der Muttermund mit Dehnungsstäben geöffnet. Mit einem Plastikröhrchen wird anschließend das Schwangerschaftsgewebe abgesaugt bzw abgeschabt. Dabei wird auch die obere Schleimhautschicht mit entfernt, die normalerweise bei der Periode abblutet. Das Absaugen dauert nur wenige Minuten. Am Ende zieht sich die Gebärmutter zusammen, um die Blutung zu stoppen, was in etwa dem Gefühl bei der Menstruation oder den Nachwehen nach einer Geburt entspricht. Es folgt eine Kontrolle, ob die Gebärmutter vollständig entleert ist. Auch das abgesaugte Gewebe wird kontrolliert.

Komplikationen

Meistens verläuft die Methode ohne Komplikationen. Jedoch können folgende Komplikationen auftreten:

  • Entzündungen der Unterleibsorgane
  • Gewebereste, die zu verstärkten Blutungen oder auch zu Entzündungen führen können. In seltenen Fällen muss ein weiterer Eingriff erfolgen
  • Allergische Reaktionen auf Medikamente
  • Verletzungen der Gebärmutter oder des Gebärmutterhalses sowie angrenzender Gewebe

Bei ernsten Komplikationen kann eine Verlegung ins Krankenhaus erforderlich sein.

Begleitpersonen

Oft ist es hilfreich, eine Begleitperson zum Abbruch mitzubringen, z.B. Partner*innen oder andere Begleitpersonen wie Freund*innen und Verwandte. Sollte ein Schwangerschaftsabbruch in örtlicher Betäubung gemacht werden, ist es auch möglich, sich beim Abbruch in den Behandlungsraum begleiten zu lassen. Ansonsten kann die Begleitperson in der Regel im Ruheraum bei dir sein.

Nach dem Abbruch

Bis zu 24 Stunden nach dem Eingriff sollten Patient*innen nicht selbst Auto fahren. Eine Nachuntersuchung bei deiner Ärzt*in ist ca. 14 Tage nach dem Abbruch erforderlich. (Beim Medikamentösen Abbruch zwischen dem 10. und 14. Tag nach Mifegyne-Einnahme). Nur dann kann gewährleistet werden, dass der Abbruch vollständig war und keine gesundheitlichen Nachteile entstehen.

Verhütung

Der erste Eisprung nach dem Abbruch findet nach ca. zwei bis vier Wochen statt. Dementsprechend setzt die nächste Regelblutung nach vier bis sechs Wochen ein. Da Patient*innen direkt nach dem Abbruch wieder empfängnisbereit sind, sollte die Frage der anschließenden Verhütung geklärt sein. Bitte bespreche dieses Thema mit deiner Ärzt*in.
Zur Unterstützung der Gebärmutterrückbildung ist es möglich, direkt mit der Pille zu beginnen. Dies wird aus medizinischen Gründen für den medikamentösen Abbruch empfohlen.

Essen und Trinken, Medikamente

2 Tage vor dem Eingriff dürfen kein Aspirin oder sonstige Mittel mit Acetylsalicylsäure eingenommen werden. Solltest du andere Blutverdünnende Medikamente nehmen oder eine Blutgerinnungsstörung haben, solltest du mit deiner Ärzt*in vorab das weitere Vorgehen besprechen.
Beim chirurgischen Abbruch mit örtlicher Betäubung ist es sinnvoll, eine leichte Mahlzeit zu sich zu nehmen, aber nicht später als zwei Stunden vorher. Beim chirurgischen Abbruch mit Vollnarkose darfst du 6 Stunden vorher auf keinen Fall essen, trinken oder rauchen. (Nikotin regt die Magensäure an und im Notfall könnte säurehaltige Flüssigkeit in die Lunge gelangen!) Bis 1 Stunde vor dem Termin kannst du klare Flüssigkeit (ohne Milch und Zucker) zu dir nehmen.

Was muss zum Termin mitgebracht werden?

  • Beratungsbescheinigung über die nach § 219 StGB durchgeführte Beratung oder Indikation nach § 218 StGB
  • Blutgruppennachweis
  • Versichertenkarte
  • Kostenübernahmebescheinigung oder Bargeld
  • Überweisungsschein der Frauenärztin/des Frauenarztes
  • Es sollte bequeme Kleidung getragen werden sowie Damenbinden, Socken und ein Badehandtuch.

Weitere Informationen:


Tiefergehende Informationen zu verschiedenen Formen des Schwangerschaftsabbruchs kannst du bspw. bei Pro Familia finden. Hier wird umfassend informiert und kann schließlich auch individuell weiterberaten werden:

https://www.profamilia.de/themen/schwangerschaftsabbruch

Für eine Entkriminalisierung der Informationsbereitstellung über Schwangerschaftsabbrüche kämpft die Initiative Pro Choice. Informationen zur politischen Einordnung des Rechts auf Selbstbestimmung und dem Kampf gegen § 219a findest du hier:

https://pro-choice.de/



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